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Neue Fälle dubioser Rüstungsexporte

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Baden-Baden (ots) – Laut ARD Recherchen: Sig Sauer erneut unter Verdacht / Ex Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel für strafrechtliche Prüfung

Ein Jahr nachdem drei Ex-Manager des Rüstungsunternehmens Sig Sauer am Landgericht Kiel wegen illegaler Waffenlieferungen nach Kolumbien zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden, darunter der amtierende Geschäftsführer der Sig Sauer Inc. (USA), deckt die ARD-Doku „Tödliche Exporte: Rüstungsmanager vor Gericht“ (1. April, 21:45 Uhr, Das Erste) neue fragwürdige Rüstungsexporte der Firma Sig Sauer auf. Den SWR-Recherchen zufolge belieferte Sig Sauer USA neben Kolumbien auch Mexiko ohne Rüstungsexportgenehmigung der Bundesregierung. Videoaufnahmen aus den beiden Ländern zeigen Polizisten und Soldaten, die Sig Sauer Pistolen tragen. Auf den Waffen eingraviert sind zum Teil deutsche Beschusszeichen, Bundesadler, deutsche Seriennummern oder „Frame Made in Germany“.

In Mexiko und in Kolumbien verletzen Polizisten seit Jahren regelmäßig die Menschenrechte. Deshalb erteilt die Bundesregierung seit langem keine Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter in die beiden Länder: Mexiko ist für deutsche Waffenlieferungen tabu, seitdem bekannt wurde, dass mexikanische Polizisten G36 Sturmgewehre von Heckler & Koch auch gegen unbewaffnete Studierende einsetzte. Für das Bürgerkriegsland Kolumbien hat die Bundesregierung, nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums seit 2000 keine Genehmigung erteilt.

Rüstungskritiker äußern den Verdacht, dass die Waffen über den Umweg USA illegal nach Kolumbien gelangt sein könnten. Kolumbianische und mexikanische Regierungsdokumente, die der ARD vorliegen, belegen, dass die Waffen jeweils von Sig Sauer in Exeter, New Hampshire, USA geliefert wurden, der Schwesterfirma der Sig Sauer GmbH in Eckernförde. Beide Unternehmen sind 100-prozentige Tochterfirmen der L&O Holding, die ihren Sitz in Emsdetten hat. Des Weiteren bestätigen kolumbianische Regierungsdokumente, die der ARD vorliegen, den Empfang von rund 120.000 Pistolen SP 2022 von Sig Sauer USA. Tatsächlich konnten ARD-Journalisten im Januar 2020 Sig Sauer Pistolen in Bogota und Medellín filmen, die deutschen Ursprungs sind.

Lieferungen von Sig-Sauer-Waffen nach Kolumbien über die US Schwesterfirma waren bereits vor einem Jahr Gegenstand eines Strafverfahrens vor dem Landgericht Kiel. Zwei Geschäftsführer wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die nun von ARD-Journalisten eingesehenen Dokumente aus Kolumbien lassen den Schluss zu, so Rüstungskritiker, dass die verbotenen Lieferungen auch nach dem Kieler Prozess noch fortgesetzt wurden.

Einem Dokument des US-Außenministeriums zufolge gestatten die USA Sig Sauer, Waffen im Wert von bis zu 266 Millionen Dollar nach Mexiko zu verkaufen und zwar in einem Zeitraum von März 2015 bis Februar 2024. Eine entsprechende Erlaubnis aus Deutschland wurde laut Bundesregierung nicht erteilt. Zur US-Genehmigung gehört auch die Lizenz zur Herstellung von verschiedenen Waffenmodellen in Mexiko, die zum Teil ursprünglich in Deutschland entwickelt und produziert wurden. Die Bundesregierung bestätigt, dass Sig Sauer 26 Genehmigungen für Technologietransfer erteilt wurden, allerdings mit Endverbleib USA.

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel erklärt dazu im Interview: „Wenn eine Lizenz-Fertigung genehmigt ist, dann ist die Produktion für den Standort genehmigt, in diesem Fall die USA, an dem die Produktion stattfindet, und nicht der Export. Der Export müsste dann wieder bei uns genehmigt werden.“ Weiter sagte Gabriel zu den Lieferungen nach Kolumbien: „wenn sie dafür Belege haben, dann finde ich, ist das Anlass dafür, das den Strafverfolgungsbehörden vorzustellen, denn das wäre ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollrecht in Deutschland.“

Weder Sig Sauer GmbH noch Sig Sauer Inc. reagierten auf schriftliche SWR-Anfragen zu den laufenden Recherchen.

Fotos unter www.ARD-foto.de

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